Verhältnis der Anpassungskriterien untereinander

Die Fülle der in Art. 269 und 269a OR umschriebenen, teils sehr unterschiedlichen Missbrauchskriterien verlangt nach einer Klärung ihres Verhältnisses zueinander.

 

Die relativen Anpassungskriterien können miteinander kumuliert werden. Wertvermehrende Investitionen, die Anpassung an Kostenveränderungen (veränderte Hypothekarzinsen, Unterhalts- und Betriebskosten, Gebühren und Abgaben) und der Teuerungsausgleich auf dem investierten Eigenkapital können daher nebeneinander geltend gemacht werden. Unser Mietzinsrechner führt für Sie die entsprechenden Berechnungen durch.

 

Die absoluten Anpassungskriterien können nicht alle gleichzeitig angewendet werden. Bei Netto- und Bruttorendite versteht sich das von selbst, denn beide beruhen auf dem gleichen Prinzip. Die gröbere Bruttorenditeberechnung kommt überdies nur bei Neubauten in Frage, die nicht älter sind als 10-15 Jahre (es gibt unterschiedliche Ansichten in diesem Punkt), denn nur in dieser Zeit fallen noch keine hohen Unterhaltskosten an. Vom System des Gesetzes her hat die Renditeberechnung als Ausdruck des Prinzips der Kostenmiete gegenüber der orts- und quartierüblichen Vergleichsmiete zwar grundsätzlich Vorrang. Bei Bauten, die älter als 30 Jahre sind oder vor mehr als 30 Jahren gekauft wurden (BGE 144 III 514), hat die Vergleichsmiete gegenüber der (Netto-)Renditeberechnung jedoch Vorrang, da die Parameter der Renditeberechnung – namentlich die Anlagekosten – hier häufig nicht mehr zuverlässig ermittelt werden können und da ältere Bauten einen im Verhältnis zu ihren tiefen Anlagekosten hohen Gebrauchswert aufweisen. Eine Renditeberechnung aufgrund der historischen Zahlen würde oft in unrealistischer Weise zu einer übersetzten Rendite führen. Es ist gerade der Zweck des Vergleichsmiete-Kriteriums, hier einen gewissen Ausgleich zu schaffen (BGE 139 III 13 E. 3.1.2).

 

Nach der so genannten relativen Methode darf mit der Anrufung absoluter Kriterien die bisherige Mietzinsgestaltung nicht völlig verändert werden, ohne dass sich die Verhältnisse erheblich geändert haben (vgl. z.B. BGE 124 III 67): Keine Partei kann daher aus heiterem Himmel gestützt auf eine Renditeberechnung oder auf die Vergleichsmiete den Mietzins einfach umkrempeln. Veränderte Verhältnisse liegen nur in Ausnahmefällen vor, so etwa beim Verkauf der Liegenschaft oder bei deren Entlassung aus dem subventionierten Wohnungsbau. Die absoluten Mietzinsfestsetzungskriterien spielen daher vor allem bei der Anfechtung eines Anfangsmietzinses eine Rolle. Ausserdem haben sie die Funktion eines Verteidigungsmittels: Verlangt die eine Partei gestützt auf relative Anpassungskriterien eine Mietzinsänderung, so kann die andere einwenden, dies führe zu einem übersetzten/ungenügenden Ertrag oder zu einem Mietzins, der die Bandbreite der Vergleichsmiete verlasse.

 

Wenn Sie unseren Mietzinsrechner benützen, müssen Sie sich demnach bewusst sein, dass ein allfälliges Prozessergebnis von zahlreichen Faktoren abhängt, die sich nicht mit diesem einfachen Programm erfassen lassen.